Ich war über die Ostertage verreist, komme also erst jetzt dazu, mich mit deinem guten und ausführlichen Beitrag auseinander zu setzen. Du weißt, das ich deine Beiträge sehr schätze, auch wenn wir nicht immer der gleichen Meinung sind. Aber dafür sind Foren ja da, das man sich austauscht und sachlich diskutiert. Vorab etwas zu meiner Person, damit ihr meine Einwände besser versteht: Grundsätzlich bin ich Long investiert, meine Wirecard halte ich trotz aller Höhen und Tiefen seit mehr als 11 Jahren. Mein Invest war gedacht als Zusatz zur Rente, ich wollte davon die nächsten 20 Jahre sorglos leben und bei Bedarf kleine Teilmengen frei geben. Durch die Attacke FT ist diese Planung ins Wanken geraten; der Kursverlust entspricht einem Kapital-Verzehr der nächsten 3 Jahre. Trotzdem habe ich alle meine freien Gelder zusammengekratzt und für einen 5-stelligen Wert Aktien nachgekauft, weil Wirecard mich in der Vergangenheit gelehrt hatte, dass derartige Schwächen nach 3-6 Monaten ausgestanden sind. Aber im Gegensatz zu 2016 fehlt mir inzwischen das Vertrauen zu WD, mich tief zu Verschulden und noch ?ein paar hundert Aktien? auf Kredit zu kaufen.
Zu deinen einzelnen Punkten: 1. Ob es Fehlbuchungen waren oder Manipulationen, sei mal dahin gestellt. Zum einen fehlt hier ein abschließender Bericht, zum anderen wirken auch Fehlbuchungen auf die Bilanz. Schlimm genug, daß WD´s Kontrollsystem so schwach ist, dass es derartige Buchungen nicht erkennt. Unter https://www.finanzen.net/nachricht/aktien/...ageshoch-zurueck-7402295 liest man: Mittlerweile hat die von Wirecard beauftragte Untersuchung einer Singapurer Anwaltskanzlei ergeben, dass Mitarbeiter in dem südostasiatischen Inselstaat tatsächlich gegen Bilanzregeln verstoßen haben - allerdings weniger gravierend als von der Zeitung berichtet. 2. Gleiches gilt für Menschliche Fehler
3. Spätestens als die ersten Fehler aufkamen, hätte WD mit dem ganzen Vorgang wesentlich offensiver Vorgehen sollen, gleich mit der ganzen Wahrheit herauskommen müssen. So aber wurden nur einzelne Tatbestände erst in Abrede gestellt, um sie dann später doch zugegeben und damit weiteren Attacken alle Tore geöffnet. Es wäre nie zu diesem Kurseinbruch gekommen, wenn WD in 2018 z.B. auf der eigenen HP veröffentlicht hätte, dass es in Singapur ?Unregelmäßigkeiten? gegeben hätte, man aber über eine Kanzlei an der Aufarbeitung und Klärung arbeitet. Damit hätte WD gezeigt, dass sie aus der Vergangenheit gelernt haben und Short-Attacken keinen Angriffspunkt liefern wollen.
4+5. Gerade weil WD´s Geschäftsmodell Angriffspunkte liefert, sollte man in 10 Jahren daraus gelernt haben und sich entsprechend eingestellt und verhalten. Denn wenn sie es in 10 Jahren nicht kapieren, muss man auch in den nächsten Jahren Schlimmstes befürchten. Wo WD zur Wahrheitsfindung beigetragen haben soll, sehe ich beim besten Willen nicht. Für mich waren alle Äußerungen (auch die des hier vergötterten Herrn Braun ) Reaktionen auf Vorwürfe, Unterstellungen und Behauptungen. Es wäre schön gewesen, wenn WD mit dem ganzen Problem offensiver umgegangen wäre; manche Zeitung hätte weniger zu Schreiben und zu Verunsichern gehabt. Im Gegensatz zu manchem Forenteilnehmer gab MB aus der PK am 25.04 selber zu, Fehler gemacht zu haben https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/...ef-gibt-fehler-zu-1.4421545
6,7 oder 8 zu den beteiligten Zeitungen habe ich eine etwas andere Auffassung als Du. Zum einen lese ich seit 40 Jahren die SZ, und sie steht für mich neben der FAZ für Qualitäts-Journalismus. Wenn man sich an die Aufdeckungen der ?Paradise-Paper? erinnert, so ist das eine Qualität, von der andere nur Träumen können, den beteiligten Zeitungen weltweite Anerkennung gebracht und der Staatsanwaltschaft seit Jahren Arbeitsmaterial liefert. Am 26.04.19 wusste übrigens die von Euch so verteufelte SZ zu berichten, daß der Staat durch Paradise-Paper in 2018 150 Mio. Euro mehr eingenommen hat. Also kann die SZ so schlecht nicht sein!
9. Hier stimme ich dir voll zu, auch ich lese diese Berichte nicht.
10. Für mich hat Wirecard sehr wohl (zumindest meine) Geduld sehr strapaziert, Mails aus den ersten Februar-Tagen sind nach wie vor von WD unbeantwortet. Das kenne ich besser ( z.B. S&T, WKN A0X9EJ aus dem Herbst 2018, wo sich ein Aktienkurs halbierte, aber der Vorstandsvor-sitzende, Herr Niederhauser, sich nicht zu schade war, von mir gestellte Fragen innerhalb 48 Stunden zu beantworten ) Auf Grund der stümperhaften Öffentlichkeitsarbeit WD konnte ich mir seit Februar nie sicher sein, ob nicht weitere und neue Fakten publiziert werden, die ein weiteres Absacken des Kurses zur Folge hättten. Eine Verschiebung des Veröffentlichen des Jahresfinanzberichts um 3 Wochen trägt nicht unbedingt zur Beruhigung der Marktsituation bei. Meiner Meinung nach wäre es klüger gewesen, diese Zahlen vor Ablauf des Leerverkauf-Verbots zu bringen, um evtl. neuere Erkenntnisse und den Abschlußbericht nachzureichen. Merkwürdig ist auch, dass MB aus der PK am 25.04 selber zugab, Fehler gemacht zu haben https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/...ef-gibt-fehler-zu-1.4421545
11. auch hier stimme ich dir zu. Mein Depot ist eindeutig WD-lastig und ich werde mich in nächster Zeit von einem großen Anteil trennen. Allerdings warte ich noch etwas, bis sich der Kurs erholt hat. Auch wenn ich von WD, deren Öffentlichkeitsarbeit und Verhalten maßlos enttäuscht bin, werde ich mich frühestens nach der HV zu einem hoffentlich verbesserten Kurs von etwa der Hälfte meiner Papiere trennen.
Dein Schlusssatz: ?Es wäre sehr zu wünschen, dass WD nicht immer schlecht gemacht wird??., enttäuscht mich allerdings. Hier liegt die Ursache wohl eindeutig bei Wirecard und dessen Verhalten, nicht bei den enttäuschten und/oder verunsicherten Aktionären. Wenn WD zu arrogant, zu überlastet oder unfähig ist, Aktionären auf höflich und verständlich gestellte Fragen zu antworten, ist die Schuld nicht bei den Aktionären zu suchen! ( Übrigens bin ich nicht der einzige User hier in dem Forum, der sich über laienhafte Öffentlichkeitsarbeit Wirecard beklagt )
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