Na, nun ... eigentlich ziemlich enttäuschend, dass man über dieses Thema erneut reden muss. Mein Eindruck war, dass es beim letzten Mal doch recht schlüssig zu Ende diskutiert wurde.
OK, also noch einmal der Ablauf: f1 meinte einen Scherz machen zu müssen, dass man doch einem Elektron nicht ansehen würde, wo es her käme - ob es also aus einer regenerativen oder aus Atom/Kohle herstammt.
Meine (Ironisch! Ich dachte, das sei jedem klar, dass man NICHT einem Elektron einen Weg erklären kann.) Antwort war, dass das ja nun oft genug diskutiert wurde. Und dass das sehr wahrscheinlich nur Polemik war. Dass kleinviech2 dann meinte, dass sei ja nun nicht zwingend der Fall und nicht so selbstverständlich (Strommix, Lastspitzen, etc.), und dass dann WernerGg seinerseits meinte wieder mit einer Statistik (die Zahl ist richtig, was Du daraus schließt, und in diesem Zusammenhang ist - mal wieder - wenig zielführend) kommen zu müssen, nebst Bemerkung, dass ja mitnichten die Ladestationen 'nur' regenerativ gewonnenen Strom anböten, das war dann für mich ziemlich verblüffend.
Nun ja: ich versuche das mal zu ordnen. a. Gesetzlich/Marketingtechnisch: meine Aussage lautete: wenn ich 100% regenerativ buche, muss der Hersteller meine Strommenge zu 100% regenerativ einspeisen. Es gibt zwar Ausnahmen, aber die sind sehr eng definiert. Wäre dem nicht so, hätten die Stromanbieter sofort eine Klage am Hals. Das wird durch unabhängige Prüfer überwacht.
@W1 schau einfach, was die überregionalen und lokalen Energieversorger an Ladestationen anbieten - weil ich ja mit dem Gedanken spiele mir mittelfristig ein E-Auto anzuschaffen - ich hab mir neulich die Mühe gemacht, und praktisch alle überprüften Anbieter von Ladestationen warben mit 100% regenerativ. Du kannst mir gerne Beispiele von Anbietern nennen, die Ladestationen mit Kohle/Atom betreiben - ich bin gespannt.
b. Mathematisch: Meine Aussage war, dass wenn ich 100% regenerativ erzeugten Strom nutze, ich Null CO2 für meine Mobilität produziere. Der Einfachheit halber gehe ich davon aus, dass sich die gesamtstrommenge der benötigten Energie nicht verändert, also konstant bleibt.
1. Anzahl Kunden/Energieabnehmer = 1: Wenn ich der einzige Abnahmer eines Energieversorgers bin, der mir bisher Kohle/Atom anbot, und ich mich morgen für 100% Regenerativ erzeugte Energie entscheide, ist es einfach: ab morgen sind dann 100% regenerativ, und 0% Atom/Kohle. Mission accomplished.
2. Anzahl Kunden/Energieabnehmer = 2: Wenn wir zu zweit sind, und ich ab morgen auf 100% Regenerativ wechsle, ist es auch einfach: ab morgen sind 50% Atom/Strom und 50% Regenerativ. Durch meine Entscheidung muss der Energieversorger ab morgen 50% seines Stromes regenerativ erzeugen. Ich kann den anderen nicht zwingen, aber ich selber habe meine Aufgabe erfüllt - mission accomplished.
3. Das setzt sich dann so fort - bei einer Million und einem Kunden ist mein Anteil zwar klein, aber dennoch muss (!) der Energieversorger meinen Anteil von Atom/Kohle abziehen und entsprechend viel Regenerativ hinzufügen.
Ich als Kunde entscheide dadurch über die Produktpolitik des Energieversorgs mit. Es sei denn, er reagiert nicht marktwirtschaftlich, und verzichtet auf Umsätze - aber das wäre m.E. unrealistisch, und passiert auch nicht. Sogar E.on und RWE reagieren.
c. Logisch-mathematisch: Wenn von heute auf morgen eine Million E-Autos NEU auf die Straße kämen, und ALLE würden 100% regenerativ erzeugte Energie buchen, dann würde kein einziger Atom/Kohle Stromanbieter einen müden Cent daran verdienen - WENN er nicht 100% regenerativ erzeugte Energie anbieten würde.
Auf der anderen Seite würden sie bei einem Wechsel von Verbrenner auf E-Auto sofort weniger Kraftstoff benötigen - und die Umwelt entlasten - im Vergleich zu vorher reduzieren (!) sie aktiv die CO2 Menge in der Umwelt. Und auch RUß und Lärm.
Mengenlehre: Wenn aber dadurch (hypothetische Zahlen) zum 1 GW im Stromkreislauf 100 MW regenerativ oben hinzu kämen, und unten 100 MW wieder entnommen würden, würde der Anteil an Atom/Kohle sich prozentual reduzieren, aber - wichtiger - die Menge von Atom/Kohle Strom würde absolut nicht zunehmen.
Oder einfacher: wenn ich oben zu vier roten Äpfeln einen grünen Apfel hinzutue, und unten einen Apfel entnehme dann habe ich weiterhin vier Äpfel, einer davon ist dann entweder grün (verbesserter Strommix) - und ob mein unten entnommener Apfel grün ist oder rot, das spielt keine wirkliche Rolle (who knows? vielleicht habe ich ja tatsächlich den grünen Apfel erhalten?). Es ist jedenfalls definitiv kein (!) roter Apfel hinzugekommen.
Da Elektronen eben weder ?Herkunftswimpel? noch ?Zieladressen? angehängt werden können, ist diese Frage an sich auch schlicht unsinnig - und polemisch, da sie nur Verwirrung stiften soll.
Logik: Ich sorge nicht dafür, dass das Atom, das bei mir ankommt regenerativ ist, aber (!) ich sorge dafür, dass exakt so viele regenerative Elektronen in den Strompool reinkommen, wie ich entnehme.
Mir genügt das. Rein logisch betrachtet, greife ich unten nur das ab, was ich oben reinkippe, weil (!) die Elektronen nicht unterscheidbar sind.
d. Bildlich Strommix: Wenn mein aktueller Atom/Kohle Strommix aus einer weißen Flüssigkeit bestehen würde, und ich dann regenerativ erzeugte grüne Flüssigkeit reinkippe, dann hat man schon mit dem ersten Grün kein echtes Weiß mehr, und je mehr ich grün reinschütte und unten Flüssigkeit entnehme, desto mehr verschiebt sich die Farbe ins Grüne.
Das ist exakt der Grund, warum ich mich bereits vor 14 Jahren für einen Stromanbieter entschieden habe, der 100% regenerativ einspeist. Machen das viele, wird der Strommix schneller ?grün?. Und Atom und Kohle verlieren dadurch schneller an Bedeutung. e. Weil das ebenfalls wichtig ist: Bisher ging ich von einem konstanten Stromverbrauch aus, und betrachtete, was passiert, wenn einer oder mehrere bestehende Stromkunden sich für regenerativ entscheiden. Was passiert nun aber, wenn über die nächsten Jahre mehrere Millionen E-Fahrzeuge 100% regenerativ laden wollen und neu hinzukommen?
Antwort: Solange die Menge der regenerativ erzeugten, und eingespeisten Energie schneller steigt, als durch die E-Mobilität benötigt wird, wird keine Atom oder Kohle erzeugte Energie benötigt. Alles, was an zusätzlichem Überschuss da ist, kann dazu hergenommen werden bestehende Atom- und Kohlekraftwerke vom Netz zu nehmen.
Auch das schrieb ich: bereits jetzt passiert es ab und an mal, dass durch die große Menge regenerativ erzeugter Energie an der Strombörse für die Abnahme von Strom gezahlt werden muss. Das wäre so, als würde ich einen Kredit nehmen, und kriege dafür 3% Zinsen. Und das wird in Zukunft umso mehr passieren, je mehr das Konzept auf regenerativ umschwenkt.
f. Eigene Energieversorgung: Wenn jemand tatsächlich zu 100% regenerativ erzeugte Energie verwenden will UND ausschließen will, dass ein ?falsches? Elektron bei ihm ankommt, der muss eine eigene Energieversorgung aufbauen - das, was Tesla (in Zukunft komplett) anbietet: Solarzelle zur Energiegewinnung, PowerWall zur Energiespeicherung, autarke Ladestation und dann muss man eben sein E-Fahrzeug nur da laden. Wer auf einer einsamen Farm lebt, der wird diese Möglichkeit sehr begrüßen.
Das geht also, ist aber umständlich.
Ich denke, dass meine Ausführungen oben zeigen, dass das nicht zwingend nötig ist, und dass man auch ohne autarke Energieversorgung durch die Wahl eines 100% regenerativen Stromtarifs zu 100% regenerativ fahren kann. WEIL bereits jetzt weit mehr regenerativ erzeugte Energie eingespeist wird, als durch E-Mobilität entnommen werden kann, muss dazu kein Atom- oder Kohlekraftwerk bemüht werden.
Und mit jedem, der seinen Einfluss als Stromkunde ausübt, und zu regenerativen Energien wechselt, mit jedem verschiebt sich der Strommix in Richtung Grün. Das hat weder mit ?Greenwashing? (m.E. ein Kampfausdruck der Atom- und Kohlelobby) zu tun, sondern ist schlicht die Realität. Das passt denen natürlich nicht, weil sie die Entwicklung nahezu verschlafen haben. Aber auch die Dino-Energieversorger denken um.
(Ja, regenerativ erzeugte Energie ist teurer, aber Gesundheits- und Umweltschäden kosten ebenfalls Geld, und wenn man sich das anschaut, dann sind die Mehrkosten überschaubar. Wer sich ein E-Auto leisten kann, der kann auch 100% regenerativ laden. Wie W1 feststellen wird, hat man keine andere Wahl, wenn man außerhalb laden will, und zu Hause kann man selber entscheiden.)
So, das ist meine Sicht der Dinge.
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